Leinenzwang - Saure Gurkenzeit für Hunde?

03.04.2014


 

 

O Graus! Es ist wieder soweit!

Vom 1. April bis 15. Juli müssen die Hunde in Niedersachsen an die Leine.

 

Diese Gedanken geistern derzeit wohl durch die Köpfe vieler genervter Hundehalter, die sich selbst und ihre Hunde in dieser Zeit stark eingeschränkt fühlen.

 


Hier ein paar grundsätzliche Infos und Gedanken zum „Leinenzwang“.

 

Wo genau herrscht Leinenzwang?

Die besondere Schutzzeit gilt in Waldgebieten und der übrigen freien Landschaft. Zu den Bereichen, in denen Hunde angeleint werden müssen, zählen auch Wege und Straßen, die an Grünflächen, Weiden und Wäldern entlang führen. Wer sich nicht daran hält, kann mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 Euro belegt werden.

 

Warum Leinenzwang?

Das Gesetz soll gerade geborene Rehkitze oder brütende Vögel vor freilaufenden Hunden schützen. Ein ganzjähriger Leinenzwang besteht übrigens in Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten.

 

Was sagt der Gesetzgeber?

Festlegung von Schongebieten

(1) In der freien Landschaft ist jede Person verpflichtet, dafür zu sorgen, dass ihrer Aufsicht unterstehende Hunde nicht streunen oder wildern und in der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli (allgemeine Brut-, Setz- und Aufzuchtzeit), an der Leine geführt werden, es sei denn, dass sie zur rechtmäßigen Jagdausübung, als Rettungs- oder Hütehunde oder von der Polizei, dem Bundesgrenzschutz oder dem Zoll eingesetzt werden oder ausgebildete Blindenführhunde sind, Koppeltore, Wildgattertore und andere zur Sperrung von Eingängen in eingefriedete Grundstücke oder von Wegen dienende Vorrichtungen nach dem Öffnen zu schließen, das eigene und das anvertraute Vieh außerhalb eingefriedeter Grundstücke zu beaufsichtigen oder zu sichern.

 

(2) Die Feld- und Forstordnungsbehörden können durch Verordnung bestimmen, dass Hunde in der freien Landschaft auch außerhalb der Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli an der Leine zu führen sind zum Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes oder sonstiger wild lebender Tiere vor Beunruhigung durch oder zum Schutz von Erholungssuchenden vor Belästigungen durch frei laufende Hunde auf Grundflächen, die besonderen Formen der Erholung dienen, insbesondere auf Liegewiesen, Spielplätzen und Sportanlagen.


"Saure-Gurken-Zeit" für Hunde?


Normalerweise gehen wir mit unseren Hunden auf bequemen Straßen, Feld- oder Waldwegen spazieren, auch um uns selbst nicht zu sehr anstrengen zu müssen. Gewohnheitsmäßig drehen wir unsere Runde zwar mit dem Hund mal zu Fuß oder mit dem Fahrrad - aber meistens dennoch nicht miteinander. Im Prinzip macht jeder sein Ding für sich, sowohl Hund als auch Halter.

 

Anstatt nun über den Leinenzwang zu jammern, können wir die Zeit auch einfach als Chance betrachten, wieder intensiver mit unserem Hund spazieren zu gehen, anstatt nur stumpf auf den immer gleichen „ausgetretenen Pfaden“ hinter oder neben dem Hund herzutraben.

 

Auch wenn kein Freilauf möglich ist, kann der Hund an der Schlepp- oder Flexileine viel Spaß beim Spaziergang haben. Zum Beispiel dann, wenn wir ihm die Möglichkeit geben intensiv zu schnüffeln oder ihm interessante Aufgaben stellen. Der Mensch wird dabei allerdings aus seiner Spaziergang-Lethargie aufwachen und sich ein wenig anstrengen müssen, um dem Hund etwas zu bieten.

 


Mehr Action für den Hund  -  Welche Möglichkeiten gibt es?


Nasenarbeit

Die Nase hat für den Hund eine weitaus größere Bedeutung als für den Menschen. Mit ihr erkundet er die Welt. 

 

Das Stöbern nach versteckten Leckerlis oder dem Lieblingsspielzeug macht den meisten Vierbeinern viel Spaß. Wer sich davor scheut, Leckerchen auf den Boden zu streuen, weil der Hund eh schon alles Mögliche und Unmögliche vom Boden aufnimmt, kann das Futter weiter oben in die Rinde von Bäumen stecken, in niedrige Astgabeln legen oder einen Futterbeutel nutzen. So muss der Hund sich auch ein bisschen anstrengen, um an das Objekt der Begierde zu kommen. Achtet aber immer darauf, dem Hund erst ein Kommando zu geben, bevor er mit der Suche beginnen darf. Bei Hunden, die eher mit dem Lieblingsspielzeug zu begeistern sind, kann auch dieses z. B. in einem Laubhaufen oder unter einem Stapel Äste versteckt werden. Anschließend kann der Laubhaufen gern auch gemeinsam mit dem Hund durchwühlt werden.

Schwarzer Hund sucht Leckerlies am Baum

Balancetraining

Der Bereich des Gehirns, der beim Hund für die körperliche Kontrolle und das Gleichgewicht zuständig ist – das sogenannte Cerebellum – ist sehr gut entwickelt. Ein Hund kann z. b. bei Nacht mit Höchstgeschwindigkeit durch den Wald rennen, ohne zu stolpern.

 

In Wald und Flur finden sich oft natürliche Agility-Parcours. Zum Beispiel können wir unseren Hund auf einem liegenden Baumstamm balancieren oder darüber springen lassen.  Auch Parkbänke eignen sich, um darauf zu laufen oder darunter durch zu robben. Über Aststapel klettern, auf Baumstümpfe springen, Slalom um die Bäume im Park laufen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und mit der richtigen Belohnung (Futter oder Lieblingsspielzeug) dürfte es kein Problem sein, den Hund zu begeistern. Bitte aber immer darauf achten, dass kein Verletzungsrisiko für den Hund besteht.

 

Wer mag kann sich auch für den Hundesport anmelden. Bei Agility, Flyball & Co. geht der Hund seinem natürlichen Bewegungsdrang nach, muss balancieren, klettern und springen. Das fordert ihn nicht nur körperlich sondern auch mental. Ein nicht zu verachtender Aspekt beim Agility ist, dass Hund und Mensch zusammenarbeiten müssen. Der Mensch leitet seinen Hund über den Parcours. Das fördert die Bindung.

 

Kleiner Hund flitzt im Slalon

Lernen

Hunde sind hochintelligente Lebewesen, die begierig sind zu lernen. Dabei ist letztlich nicht die am Ende perfekt ausgeführte Übung das Entscheidende, sondern die geistige Anregung während des Lernprozesses.

 

Betrachten wir die Wölfe, zählt Cleverness mehr als Muskelkraft, Kooperation mehr als Alleingänge. Beutetiere sind oftmals schneller und stärker, müssen aufgespürt, gejagt, gefangen und getötet werden. Allein schon deshalb muss der Wolf seinen Intellekt benutzen. Nur so kann er erfolgreich bei der Jagd sein und überleben. Lernen sichert nicht nur die eigene Existenz, sondern die der ganzen Art.

 

Kleine Übungseinheiten aus dem Grundgehorsam sind beim Spaziergang mit unserem Hund eine gute Sache. Diese kann man mit ein bisschen Fantasie beliebig erweitern. Z. B. dem Hund beibringen auf Kommando auf der rechten Seite neben seinem Menschen zu laufen oder hinter ihm, wenn er sonst immer nur links läuft. Das bringt die „kleinen grauen Zellen“ des Hundes auf Trab und kann, wenn es erst mal gefestigt und generalisiert ist, auch in Alltagssituationen nützlich sein.

 

Vieles, was wir unserem Hund beibringen, ist nützlich und wichtig. Es gibt aber auch Dinge, die er lernen kann, die einfach nur Spaß machen. Slalom durch die Beine laufen, „Give me five“ u. v. m. - denkt Euch was aus!


Hand und Pfote

Fazit:

Zu den Grundbedürfnissen unserer Hunde zählen sowohl körperliche als auch geistige Anstrengungen. Ein ausgewogenes, auf den jeweiligen Hund angepasstes Verhältnis zwischen körperlicher und geistiger Beschäftigung ist hierbei ganz wichtig.

 

Wenn wir intensiv und gemeinsam mit unserem Hund spazieren gehen, ist es möglich, dass ein Hund, der seinen Menschen bisher nur mäßig interessant fand, plötzlich aufmerksamer ist und sich stärker an ihm orientiert. Er hat die Erwartungshaltung, dass gleich wieder etwas Spannendes passieren könnte. Ein toller Nebeneffekt!

 

Eine gute Orientierung des Hundes an seinen/m Menschen ist außerdem eine gute Basis für die Arbeit an alltäglichen Problemen. Ein körperlich und geistig ausgelasteter Hund wird im Alltag ausgeglichener und zufriedener sein und weniger Probleme haben bzw. machen.

 

Außerdem macht es unheimlich Spaß, mit dem Hund gemeinsam etwas zu unternehmen oder auch nur zuzuschauen, wie er begeistert nach seinem Lieblingsspielzeug sucht. Man verspürt Freude und Stolz, wenn der Hund etwas Neues gelernt hat und sich entwickelt. Das Verhältnis Mensch-Hund wird intensiver.

 

Auch wenn unser aller Alltag meist vollgepackt ist mit Terminen und wir nach der Uhr leben: Für unseren vierbeinigen Freund muss Zeit sein! Er hat ein Recht darauf!

 

Die oben genannten Übungen nehmen nicht viel Zeit in Anspruch. Zwei bis drei kleine Lern-, Such oder Spieleinheiten je nach Länge des Spaziergangs reichen schon aus, um unseren Hund glücklich zu machen.

 

Ein Tipp zum Schluss:

Zählt doch mal, wie häufig Euer Hund während eines Spaziergangs unaufgefordert Blickkontakt zu Euch aufnimmt. Es zählt schon, wenn der Hund seinen Kopf in Eure Richtung wendet, denn nicht jeder Hund schaut den Menschen direkt an. Das ist recht interessant, denn so könnt Ihr nach einigen Tagen des „Intensiv-Spaziergangs“ erneut zählen, um zu schauen, ob sich die Anzahl der Blickkontakte verändert hat. Generell solltet Ihr möglichst viele freiwillige Blickkontakte Eures Hundes bemerken, belohnen bzw. erwidern/bestätigen. Dies kann anfangs durch Leckerchen erfolgen. Später reicht auch ein kurzes Lob oder auch nur freundliches Kopfnicken in Richtung des Hundes, so dass die Futtergabe reduziert werden kann.

Aufmerksamer Hund